Hilft das Gesetz denn der Polizei und den Behörden überhaupt?
Auch das ist eine umstrittene Frage. Konkrete Beispiele hat bis jetzt niemand öffentlich benannt (oder benennen können), wo die Nutzung von solchen Daten tatsächlich einen Aufklärungserfolg oder gar die Verhinderung von terroristischen Anschlägen bedeutet hätte. Die Ermittler geben auch an, dass sie mit der Ausführung dieses Gesetz nicht zufrieden seien, weil die Zeiträume der Speicherung zu knapp bemessen seien. Sie drängen auf eine massive Erweiterung des Gesetzes, und vor allem der Speicherfristen – möglichst schon im kommenden Sommer.
Werden wirklich alle Gespräche bei der Vorratsdatenspeicherung aufgezeichnet?
Ja, das gilt sogar für die Menschen, die einer beruflichen Schweigepflicht unterliegen – Ärzte, Psychotherapeuten, Priester oder Anwälte. Auch das erfolgt aus „technischen Gründen“ – weil eine Ausnahme aller dieser Daten wiederum datenschutzrechtlich bedenkliche Datenmengen erzeugen würden, die durchaus problematisch sind. Ausgenommen von der Vorratsdatenspeicherung sind nur einzelne kirchliche und soziale Beratungsstellen, wie etwa die Telefonseelsorge. Dort werden überhaupt keine Gesprächsdaten gespeichert.
Welche Risiken bestehen eventuell noch?
Nach dem Gesetz müssen die Daten bei den jeweiligen Anbietern und auf jeden Fall im Inland gespeichert werden. Die Telekommunikationsanbieter – immerhin rund 1.000 Unternehmen in Deutschland – sind dafür verantwortlich, dass die Daten sicher sind und vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Man kann nun der Kompetenz der einzelnen Unternehmen (und der Investitionsbereitschaft) für einen wirklich hohen Schutz vertrauen – oder auch nicht. Die Unternehmen sind auch verpflichtet, die Daten jeweils nur im zulässigen Maß zu erheben, und danach wieder zu löschen. Auch dem kann man trauen, oder auch nicht. Immerhin hat man den Straftatbestand der „Datenhehlerei“ vor einiger Zeit neu geschaffen, um im Falle eines Missbrauchs von Daten auch entsprechend strafbar zu machen. Das gilt auch für die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung.
Kann man sich denn schützen?
Gegenfrage: Muss man sich denn schützen? Viele Datenschutz-Aktivisten und Grundrechtsverteidiger sagen „Ja“ – können aber keinen Weg nennen, sich dagegen zu schützen – außer das Gesetz zu kippen. Man könnte – jedenfalls für den Internetverkehr – einen sogenannten Anonymizer verwenden, der die eigene IP-Adresse verschleiert, wie etwa das TOR-System. Allerdings ist für Provider durchwegs leicht erkennbar, dass solche Systeme verwendet werden – und niemand kann exakt sagen, dass diese Systeme völlig sicher und unkorrumpierbar sind. Zudem könnte man überlegen, dass gerade die Nutzung eines solchen Systems den ernsthaften Anschein erwecken kann, dass man etwas zu verbergen habe – immerhin ist im sogenannten Dark Web eine satte Bandbreite an kriminellen Tatbeständen beheimatet, vom Drogenhandel bis zu radikalen politischen Gruppen. Wer also laufend solche Dienste nutzt, könnte gerade dadurch schon einmal in Verdacht geraten, irgendetwas Illegales zu tun. Niemand weiß allerdings genau, ob diese Dienste nicht ohnehin schon längst korrumpiert sind.
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Fazit
Mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung werden wir, wenn es nicht wieder gekippt wird, wohl einfach leben müssen. Immerhin hat auch die Wirtschaft von den meisten Nutzern durchaus umfangreiche Profile – hier kann man dem Staat wohl immer doch noch mehr trauen.
Insgesamt sollten wir aber dennoch wohl alle in Zukunft gründlich überlegen, wo wir die Grenze zwischen Freiheit und Überwachbarkeit gezogen haben wollen. Jahrelang gab es ein Hin und Her – nun ist sie da: die Vorratsdatenspeicherung. Werden wir nun alle überwacht? Und in welchem Ausmaß? Der nachfolgende Beitrag gibt umfassend Auskunft.
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