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Die Flatrate-Lüge

Heute klären wir Sie über die Flatrate-Lüge auf, die bei vielen deutschen Providern sehr gern angewendet wird. Manchmal sind Youtube-Videos schnell geladen – zu anderen Zeiten hingegen läuft der Download nur stockend und Sie müssen ewig auf das abspielen verzichten. Warum das so ist, erklären wir Ihnen hier.

Deutschland, das Flatrate-Land schlechthin. Von der Kneipe bis zur Autowerkstatt, vom Smartphone- bis zum DSL-Tarif locken die Pauschalangebote. Einmal zahlen und bei gleichbleibender Geschwindigkeit so viel surfen, wie man möchte – das sollte bei Internet-Flatrates eigentlich der Fall sein. Aber die Realität sieht oft anders aus. Insbesondere Mobilfunk-Anbieter (UMTS & LTE) drosseln den Datenverkehr, wenn der Kunde zu viel surft. Aber auch (V)DSL und sogar die neuen Glasfaser-Anschlüsse sind hiervon betroffen. Manche Provider bremsen auch nur einzelne Dienste (zum Beispiel Tauschbörsen) oder Websites (zum Beispiel Youtube) aus. Welche Anbieter wie, wann und warum das Tempo rausnehmen, haben wir für Sie einmal genauer nachgeforscht.

 

Offensichtliche Drosselungen

Wir beginnen mit Tarifen, bei denen die Anbieter einigermaßen deutlich auf Geschwindigkeitseinschränkungen hinweisen. Ob man hier von Flatrates sprechen kann, sei einmal dahingestellt, aber zumindest weiß der Kunde, woran er ist und wann gedrosselt wird.

Das wird gedrosselt: Bei UMTS- und LTE-Flatrates ist es üblich, dass nach einem bestimmten Datenverbrauch die Geschwindigkeit von zum Beispiel 7,2 MBit/s radikal ausgebremst wird, normalerweise auf extrem langsame 64 KBit/s. Und zwar bis zum Anfang des nächsten (Abrechnungs-) Monats. Außer zum Verschicken von E-Mails (ohne Anhänge!) oder für Textchats kann man dann das Internet nicht mehr wirklich sinnvoll nutzen.

Waren die Hinweise auf diese Drosselung in der Anfangszeit der UMTS-Flatrates nur im Kleingedruckten zu finden, so stehen sie inzwischen prominent bei der Tarifbeschreibung. Ausnahmen gibt es natürlich auch hier. Ein positives Beispiel für Transparenz ist etwa der DSL-Tarif „1&1 Surf & Phone Flat Special“. Er wird ab einem Volumenverbrauch von 100 GB bis zum nächsten Monat von 16.000 KBit/s auf 1000 KBit/s gebremst. Auf diesen Umstand weißt 1&1 auf seiner Website unmissverständlich hin – Erst beim genauen hinschauen wird einem die Drosselung bewusst.

Darum wird gedrosselt: Bei Mobilfunk (UMTS & LTE) drosseln die Anbieter, weil Funkfrequenzen und damit die zur Verfügung stehende Bandbreite ein sehr knappes Gut sind. Alle Anwender, die in die gleiche Funkzelle eingebucht sind, teilen sich die vorhandene Gesamtkapazität. Und die lässt sich (auch aus wirtschaftlichen Gründen) nicht beliebig steigern. Gäbe es keine Volumenbegrenzung, würden einige Nutzer über die Stränge schlagen und das Mobilfunknetz überlasten.

Die Konsequenz wäre, dass bei den anderen Nutzern der gleichen Funkzelle die Daten nur noch tröpfeln würden. Letztendlich handelt es sich bei der Drosselung im Mobilfunk also – neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten – um eine Art Erziehungsmaßnahme, die Benutzer dazu bringen soll, mit der vorhandenen Bandbreite zu haushalten. Bei dem DSL-Tarif „1&1 Surf & Phone Flat Special“ erfolgt die Drosselung aus rein wirtschaftlichen Gründen. Der Provider erhält dadurch eine stabile Kalkulationsgrundlage – er weiß also wie viel Datenverkehr die Kunden maximal verursachen – und kann den Tarif daher besonders günstig anbieten.

 

 

Kaum offensichtliche Drosselungen

Während bei den zuvor genannten Tarifarten klar kommuniziert wird, dass es Einschränkungen gibt und wie diese aussehen, gibt es andere, bei denen die Provider dies nur im Kleingedruckten angeben.

Das wird gedrosselt: Die Telekom behält sich bei einigen VDSL- und Glasfaser-Tarifen vor, die Geschwindigkeit einzuschränken: Bei Call & Surf VDSL mit 25 MBit/s kann die Geschwindigkeit ab 100 GB und bei Call & Surf VDSL mit 50 MBit/s ab 200 GB übertragenem Datenvolumen auf 6 MBit/s im Download sinken. Bei Glasfaser-Anschlüssen kann das Unternehmen laut Vertragsbedingungen noch stärker auf die Bremse treten: Im Tarif Call & Surf Fiber mit 100 MBit/s sinkt die Datenrate ab 300 GB und im Tarif Call & Surf Fiber mit 200 MBit/s ab 400 GB jeweils auf langsame 384 KBit/s.

Prozentual ausgedrückt, stehen dem Kunden dann bis zum Beginn des nächsten Monats also nur 24 Prozent (VDSL 25), 12 Prozent (VDSL 50), 0,4 Prozent (Fiber 100) beziehungsweise 0,2 Prozent (Fiber 200) seiner regulären Bandbreite zur Verfügung. Auf diese Drosselungen weist die Telekom auf der Produktinformationsseite im Web jedoch nicht prominent hin, sondern versteckt die Info unter anderem im Kleingedruckten und im Untermenü „Vertragsbedingungen“. O2 schränkt seine Alice-DSL-Tarife in einigen Gebieten Deutschlands ein. Dort verringert sich ab einem Datenverbrauch von 50 GB das Surf-Tempo bis zum Anfang des nächsten Monats von 16 MBit/s auf 1 MBit/s. Außerdem wird in den betroffenen Gebieten ein „Regionalzuschlag“ in Höhe von 5 Euro im Monat fällig. Während der Regionalzuschlag im Bestellprozess klar genannt wird, findet sich ein Hinweis auf die Drosselung auf der O2-Website nur in den Fußnoten.

Auch Kabel Deutschland geht mit dem Thema eher unverschämt um. Auf der Homepage versteckt sich der Hinweis hinter dem Euphemismus „Unser Leistungsversprechen“. Ab 60 GB Übertragungsvolumen an einem Tag wird die Geschwindigkeit des betreffenden Nutzers auf 100 KBit/s reduziert. Allerdings setzt Kabel Deutschland eine sehr feingliedrige Filterung ein, so dass nur File-Sharing-Übertragungen von der Drosselung betroffen sind. Alle übrigen Internetdienste lassen sich weiterhin in normaler Geschwindigkeit nutzen. Ab dem darauffolgenden Tag wird die Drosselung aufgehoben und die Statistik zurückgesetzt. Kabel Deutschland behält sich in seinen AGB vor, diese Geschwindigkeitsreduzierung zukünftig bereits ab 10 GB Datenvolumen pro Tag vorzunehmen. Zugegebenermaßen ist selbst das ein Wert, den heutzutage kaum ein Internetbenutzer erreicht. Von der Drosselung bei Kabel Deutschland sind also nur wenige Kunden betroffen.

 

Artikelbild: Gerd Altmann  / pixelio.de

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